In der Kubatur des Kabinetts
Mi., 19. Aug. 2015 21:00 @ Fluc / Fluc Wanne , Wien - Leopoldstadt
Informationen
TRANSCULTURAL EMANCIPATION
mit Lana Čmajčanin │ Bosnien & Herzegowina
Vanessa Fernández Guasch │ Kuba
Abdulrab Habibyar │ Afghanistan
Außeninstallationen der Artists in Residence von Bundeskanzleramt und KulturKontakt Austria
kuratiert von Ursula Maria Probst
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ANDERS ALS ANDERS
mit Lutz Bielefeldt, Lisa Kortschak, Claudia Charlotte Linder, Carlos Vasconcelos, Marianne Vlaschits
Djanes: Suzie Léger & Rage Pelote
kuratiert von Ursula Maria Probst und Martin Wagner
In Kooperation mit Bundeskanzleramt und KulturKontakt Austria bespielt das Fluc die an den Außenwänden der Fluc-Architektur installierten Billboardwände. Einer politischen Praxis von Kunst im Stadtraum folgend, wird damit im Austausch und in Zusammenarbeit mit internationalen KünstlerInnen, die sich als Artists in Residence für drei Monate in Wien aufhalten, eine Präsentations- und Interventionsfläche im urbanen, öffentlichen Raum geboten. Das Projekt „Transcultural Emancipation“ ist Teil dieser 2014 gestarteten und fortlaufenden Initiative.
Worin bestehen heute emanzipatorische Prozesse, Aktionen zur Befreiung von gesellschaftlichen Normen und medienpolitisch forcierten, einschlägigen Weltanschauungen? Wie können in der Diskussion darüber, neue Territorien erschlossen werden, um in diesem Zusammenhang stehende transkulturelle Positionen zu thematisieren? Welche Möglichkeiten bietet das Verflechtungsmodell der Transkulturalität gegenüber jenem der Interkulturalität in der Auseinandersetzung mit kulturell, differenzierten Sichtweisen und wie wird künstlerisch damit umgegangen?
Dabei kommt auch der Begriff des künstlerischen Habitus ins Spiel. Einen besonders hohen Stellenwert nahm er bei Pierre Bourdieu ein, der den Habitus von Kunstschaffenden mit der Kollektivität und seinem Zeitalter verband und konkretisierte. Die daraus resultierende Handlungs-, Wahrnehmungs- und Denkmatrix ermöglicht, unendlich differenzierte Aufgaben in der Auseinandersetzung mit der individuellen und kollektiven Geschichte zu erfüllen.
Bei den im Rahmen von “Transcultural Emancipation” realisierten Projekten ist die Auseinandersetzung mit der Situation am Wiener Praterstern ebenso immanenter Bestandteil wie die Hinterfragung dessen, wie künstlerische Arbeit in eine politisch gesellschaftliche Dimension überführt werden kann.
Das Projekt “FN M1910” von Lana Čmajčanin analysiert anhand der Anatomie einer Pistole die Anatomie des Krieges und wie durch den Lobbyismus der Waffenindustrie territoriale Besetzungen vorgenommen werden sowie deren Auswirkungen auf derzeitige politische Situationen. Die Ambition durch seine Porträtfotografien “Peacegeography”, in welchen die ProtagonistInnen Botschaften wie Diskriminierung, Respekt, Unterstützung oder Freiheit in Arabisch und Englisch in die Kamera halten, an eine Geographie des Friedens zu appellieren, verfolgt Abdulrab Habibyar. Wie sich durch Begegnungen zwischen Menschen ein anderer Stadtraum bilden läßt, thematisiert Vanessa Fernández Guasch in ihrem Projekt “Trying to Find a Way Through an Encounter”.
Die nachfolgenden Texte wurden von den Künstler_Innen selbst verfaßt:
Lana Čmajčanin, FN M1910, 2015, photo installation
On 28 June 1914, in Sarajevo, a Browning FN M1910 handgun, calibre .380 ACP (9 mm Short), serial number 19074, was used by Gavrilo Princip to assassinate Archduke Franz Ferdinand of Austria. In the context of the observation and analysis of the general political climate and evident tensions of the early 20th century, culminating in the assassination of Archduke Ferdinand and the start of World War I, the main object – the pistol, together with its manufacturer – has been passed over. The path of that gun, from the point of its production to Princip’s hands, is the epitome of the political situation in Europe at the time and it reveals the constellation that led to the assassination. The work is produced as a technical drawing, a map, showing the political protagonists of WWI as the pistol mechanism. The anatomy of the pistol becomes the anatomy of the war.
Vanessa Fernández Guasch, TRYING TO FIND A WAY THROUGH AN ECOUNTER, 2015, photo installation
The installation interlaces public spaces with photography as a sign of our human distances; it is felt that through unnoticed urban moments, our similarities are built. Just through the habit of walking, we can notice – by observing and deciphering – the similarities that bind us in a broad human sense. The photograph, in its capacity of observation and retention, is an instrument that relieves my inquiries. These forms of interpersonal communication are obtained by simple co-presence. It is a matter of building another city space through the spaces of relationship that occur within it.
Abudulrab Habibyar, PEACEOGRAPHY, July 2015, installation
I do photography for peace. I use my photographic work and art pieces as tools for bringing positive change to my life and that of others, and to bring peace to my people, country, region and the whole world one day. “These are the words and messages coming from the heart of every common person of any age living in Afghanistan at the moment.” By displaying and exhibiting these photos here, I am showing the world that we Afghans are peace-loving people and that we are tired of hearing the bad sound of explosions and war. “Peace”
Lana Čmajčanin was born in Sarajevo, Bosnia and Herzegovina in 1983. She studied at the department of sculpture at the School of Applied Arts and graduated from Sarajevo’s Academy of Fine Arts with an MFA in 2007. Čmajčanin’s work includes (sound) installations, video and performances. Her artistic practice is socially engaged, often situated and has a strong reference to a specific place and political framework, i.e. the war and post-war context of Bosnia and Herzegovina. It also deals with questions surrounding the role of women and the female body.
www.lanacmajcanin.com
VANESSA FERNÁNDEZ GUASCH was born in Camagüey, Cuba in 1985. She studied photography at The University of Arts of Cuba in Havana where she received her BA and continues to be employed. Fernandez Guasch has also worked as a documentary photographer for the Centro Provincial de Patrimonio Cultural de Ciudad Havana. In her artistic practice she examines methodological questions as they pertain to the medium of photography and, to a smaller extent, drawing.
http://vanessa-fernandez.wix.com/vanessafernandez#!cv-contact/c10fk
Abdulrab Habibyar was born in Peshawar in 1987 and grew up in Jalalabad. He is a social activist and photographer who received his BS in information technology from Preston University Peshawar and an honoree diploma for photography from Hunerkada College of Visual and Performing Arts, Islamabad. Habibyar is a Global Youth Peace Ambassador and a member of the Youth in Action Association, a non-profit youth-led organization dedicated to the enhancement of peace and sustainable development in Afghanistan.
https://about.me/arhabibyar
Parallel dazu findet statt:
In der Kubatur des Kabinetts – Der Kunstsalon im Fluc zeigt:
ANDERS ALS ANDERS
Lutz Bielefeldt
Lisa Kortschak
Claudia Charlotte Linder
Carlos Vasconcelos
Marianne Vlaschits
Djanes: Suzie Léger & Rage Pelote
Kuratiert von Ursula Maria Probst und Martin Wagner
Subliminale Kunstmanifestationen, widerständige Autonomie, Möglichkeiten und Sprachformen temporärer Interventionen und die Hinterfragung dessen, ob eine schöpferische Anarchie existiert, um Kunst als Stachel inmitten der urbanen Geselschaft spür- und sichtbar zu machen, bilden Ausgangs- und Berührungspunkte des Projekts “Anders als anders”.
Wie sehr fördert Kunst in der Stadt ein Bewusstsein für Weltoffenheit? Wie wiedersetzt sich Kunst gleichzeitig der verführerischen Macht, sich einem öffentlichen Diskurs anzubiedern? Wie vermag durch Kunst im Stadtraum eine Andersheit thematisiert werden? Welche Kriterien des subjektiven Arbeitens mit Kunst an Orten der Urbanität, welche vielfältigen Aspekte der Stadt (speziell an einem Ort wie dem Wiener Praterstern), welche Informationslücken und Narrative oder Beschäftigungen mit Themen wie Insight the Outside, dem Hubble Ultra Deep Field oder kannibalistischen Galaxien fließen ein, um sich gleichzeitig einer Vereinnahmung oder öffentlichen Alltagsästhetisierung zu entziehen?
Sofern nichts anderes angegeben ist, sind die nun folgenden Texte von den Künstler_Innen selbst:
Lisa Kortschak, INSIGHT THE OUTSIDE, 2014, Filmkonzert, 30 min/ Full HD 16:9
Der Film zeigt urbane Landschaften, öffentliche Räume. Passant_Innen im öffentlichen Raum werden von der Kamera via Zoom aus der Ferne beobachtet. Der Filmsound entspricht der distanzierten Kamera und gibt Umgebungsgeräusche wieder. So kann man Unterhaltungen, die man im Bild sieht, im Ton nicht hören. Die zwischen Beobachter und Beobachteten geschaltete Distanz entwickelt dabei eine Eigendynamik. Der spezifische Kamerablick provoziert Spekulationen über die Ereignisse und entwickelt, indem die eigene Imagination Informationslücken füllt, sein eigenes Narrativ. Erst als den anonymen Protagonist_Innen Songtexte in Form von Untertiteln ‚unterstellt’ werden, wird die inhaltliche Ebene des Films klar gelenkt.
In dieses Setting werden vier Songs gesetzt. Die Performerin erscheint auf der Bühne, ‚the spotlight goes on’ und das Filmscreening kippt in ein Live-Konzert. Da Teile der Songs im Film mit-performt werden, überschneiden sich Außenraum/ Film und Innenraum/ Live-Konzert. Während Live-Performance und Film auf verschiedenen Ebenen interagieren, wechselt der Fokus zwischen Filmscreening, Live-Konzert, Filmvertonung und Soundtrack. Idee, Kamera, Schnitt, Performance: Lisa Kortschak
Claudia Charlotte Linder, Face it Baby, 2015, Textcollage
Eine Textcollage
als Bodenmarkierung.
Ein Wort, ein Satz, eine Wendung.
Lärmende, wütende, klingende Frauenstimmen
von Ursula Rucker, Kim Gorden, Laurie Anderson
und anderen.
Ein Laufsteg, der um Beachtung wirbt.
Und doch leicht zu übergehen.
Am Ende ein Spiegel:
Face it Baby, twist and shout!
Lutz Bielefeldt, shamen and famen, 2015, Malerei, Außeninstallation
Barbapapas sind im Normalzustand etwa birnenförmig, sie können jedoch ihre Form knetmasseähnlich verändern und so zum Beispiel als Schubkarre oder Brücke oder Autobahn dienen. Beim Formwandeln können sie sich sogar in Tiere verwandeln. Sie sind freundliche und fröhliche Wesen und kommen gut mit Menschen und Tieren und so weiter aus. Also echt lieb und okaye Rolemodels. Aber lieb sein ist manchmal halt auch urlangweilig und kann in Arbeit ausarten. Da ist feiern gut, z.B. mit Katzen, von denen kann man einiges lernen. Shaken und breaken, saufen und raufen, schmachten und verachten und vor allem: shamen und famen.
Carlos Vasconcelos, O.T. (Fluc Decke), 2015, gefärbte künstliche Wursthaut auf Kabel, Dimension variable
Die Arbeit O.T. (Fluc, Decke), 2015 ist eine Decken- Installation im Fluc Hauptraum bei der die Lichtträger, die Kabelleitung und die Metallstruktur der Decke als Träger für eine Installation mit gefärbter Wursthaut verwendet werden. Diese Assemblage betont das Spiel mit dem Material, wodurch die Arbeit eine Anspielung an die barocke Deckenmalerei darstellt.
Vasconcelos’ Hybriden haftet etwas Magisches an, zumal dort, wo die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse völlig verschmelzen und ästhetische oder stilistische Überschneidungen sichtbar werden. In den fragil gedrechselten Formen einiger Skulpturen etwa scheinen die barocken Säulen der Wiener Karlskirche deckungsgleich mit jenen der Basílica de Nossa Senhora do Carmo in Recife, eines Hauptwerkes des brasilianischen Barock. In den Wursthäuten und Waffeln, die der Künstler in seine Assemblagen einarbeitet, steckt indes ein Sinn für Kulinarik mit obsessiven Zügen, wie er die brasilianische mit der österreichischen Kultur zu verbinden scheint. Gleichsam magisch ist es auch, wie Vasconcelos die universale Ästhetik des Trash – des Weggeworfenen oder Kitschigen – bedient und in etwas Kostbares verwandelt. Hier inszeniert der Künstler eine Verführung durch die Sinnlichkeit des Alltags und den Glanz des Banalen. Es ist jener auratische Vorgang, wie er schließlich die Entstehung eines jeden Kunstwerks begründet. (Text: Kathi Hofer)
Marianne Vlaschits, Formax, 2015, Installation
Formax ist eine Installation, die sich mit den verschiedenen, naturwissenschaftlichen Entdeckungen im Sternbild "Chemischer Ofen" beschäftigt, wozu unter anderem das Hubble Ultra Deep Field Foto zählt oder kannibalistische Galaxien. Formax gestaltet sich insofern als ein Schmelztiegel unterschiedlicher astrophysischer Entdeckungen und korrespondiert so wiederum mit dem Namen des Sternbildes, der ausgewählt wurde, um den Fortschritt in der Technik zu feiern. Der Ort der Installation ist auf der Terrasse des Flucs unter freiem Himmel und wurde gewählt, um an Sternenwarten zu erinnern, die sozusagen Prothesen des menschlichen Körpers (also des Auges) sind, mit denen man/Frau den Kosmos erforschen kann.
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